Das Umweltministerium zeigt uns, wie man durch den Sommer kommt – mit Tipps, die irgendwo zwischen Grundschule und betreutem Denken rangieren. Der Bürger als Hitze-Schüler in einer Republik der Ratschläge.

Endlich ist der Sommer da und offensichtlich haben in Berlin auch einige Funktionäre und Politiker erhöhte Temperatur. Das politische Thermometer bewegt sich, sobald das Quecksilber steigt. Aber keine Sorge, die Bundesregierung hat vorgesorgt. Aus Berlin kam jüngst ein Papier mit dem Titel: „Hitzeschutz – Handlungsempfehlungen für Bürgerinnen und Bürger“. Was nach Handlungsfähigkeit klingt, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als Mischung aus Wetterbericht und Fürsorgebrief an die Bevölkerung. Nur die Bastelanleitung für den Sonnenhut fehlt noch.

Tipp 1: Wasser trinken – Der neue Gesellschaftsvertrag

„Trinken Sie ausreichend Wasser“ steht ganz oben. Kein Scherz. Das Ministerium rät, bei Durst Wasser zu trinken. Ein Rat, der in etwa so neu ist wie der Hinweis, bei Regen einen Schirm zu benutzen. Aber gut, es geht ja nicht um Originalität, sondern um Signale. Signalpolitik ist das neue Handeln.

Wer also bisher im Sommer freiwillig dehydriert durchs Leben ging, weiß nun: Das Ministerium ist für dich da. Vielleicht folgt bald ein Flyer: „Atmen nicht vergessen – 5 Schritte zur Sauerstoffaufnahme.“

Tipp 2: Schatten suchen – und die Eigenverantwortung gleich mit

„Meiden Sie direkte Sonneneinstrahlung“. Auch das eine bahnbrechende Erkenntnis. Zwischen den Zeilen schwingt mit: Der Bürger hat sich klug zu verhalten, die Verantwortung liegt bei ihm. Und falls nicht, na dann… gibt’s eben Vorschriften.

Dass der öffentliche Raum mancherorts zur Hitzehölle mutiert, weil Schattenplätze rar sind und Trinkbrunnen Luxus bleiben, wird nicht thematisiert. Warum auch? Die eigentliche Botschaft ist: Der Staat gibt Empfehlungen – der Bürger führt sie aus.

Tipp 3: Klimatisierte Räume – für alle, die einen Stromvertrag und ein Glückslos besitzen

Der vielleicht subtilste Teil: „Kühlen Sie sich in klimatisierten Räumen ab.“ Wer’s kann, hat’s gut. Wer nicht, hat eben Pech. Denn Klimaanlagen sind zwar noch keine Menschenrechte, aber laut Ministerium der Königsweg zum Überleben im global erhitzten Deutschland.

Dass gleichzeitig von Energiesparen, CO₂-Reduktion und Netzlast gesprochen wird? Nun ja, Widersprüche sind der neue Common Sense. Man könnte fast meinen, es gäbe irgendwo eine Excel-Tabelle, in der jemand berechnet hat, wie viele Bürger gleichzeitig klimatisiert überleben dürfen.

Tipp 4: Körperliche Aktivität – nur noch in homöopathischen Dosen

„Vermeiden Sie körperliche Anstrengung in der Sonne“, heißt es weiter. Das klingt nach Erholung, ist aber eher der Vorbote eines neuen Menschenbilds: Der klimakompatible Bürger bleibt passiv, bleibt ruhig, bleibt im Schatten. Wer draußen arbeiten muss? Tja. Wer Gärtner, Bauarbeiter oder Briefträger ist, sollte vielleicht einfach einen QR-Code auf die Stirn kleben: „Ich wurde vom Ratgeber vergessen.“

Tipp 5: Kühl bleiben – politisch wie thermisch

Insgesamt erinnert das ganze Paket an eine Mischung aus Gesundheitsbroschüre und ironiefreiem Elternabend. Natürlich ist Vorsicht im Sommer sinnvoll. Natürlich soll niemand kollabieren. Aber zwischen Fürsorge und Bevormundung verläuft eine feine Linie und die wird immer häufiger übergriffig überschritten.

Der Bürger wird zum dummen Risikofaktor erklärt, der in präventiver Sicherheit gehalten werden muss: durch Appelle, durch Ratgeber, durch Verhaltensempfehlungen. Wer da noch denkt, entscheidet zu viel selbst.

Ein kühler Kopf schadet nie, besonders beim Lesen von Hitzetipps und der Beurteilung Berliner Politik.

Es ist endlich Sommer. Es ist heiß. Das ist nicht neu. Neu ist nur die Detailverliebtheit, mit der uns die Regierung erklärt, wie man sich zu verhalten hat. Zwischen den Zeilen steht kein Klimaplan, sondern ein Verhaltenskodex.

Vielleicht geht’s beim nächsten Mal um den Herbst: „Laub vermeiden, rutschfeste Schuhe tragen, bei Wind nicht fliegen.“

Bis dahin: Trinken, Schatten suchen, Ventilator nicht überfordern – und bloß nicht selbst denken, wenn’s draußen über 30 Grad hat.

 

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Verfasser: Bavarian

Bild: Pixabay

Von Bavarian