Es gibt Dinge im Leben, die kann man nicht kaufen, nicht machen, nicht erzwingen. Heimat gehört dazu. Sie wächst im Laufe der Jahre, meist still und unauffällig. Manchmal bemerkt man sie erst dann, wenn man längere Zeit weg war. Wenn man heimkommt, merkt man: Da ist etwas, das trägt. Ein vertrautes Gesicht, ein Klang, ein Geruch, ein Gefühl der Geborgenheit.
Heimat ist mehr als ein Ort. Sie ist ein Stück Herz. Sie ist Erinnerung und Gegenwart zugleich. Wer seine Heimat spürt, weiß: Ich gehöre dazu. Ich bin nicht allein. Ich habe Wurzeln.
Schon heute dürfen wir das in Bayern in reicher Weise erfahren. Unsere Heimat zeigt sich im Dorffest, wenn Blasmusik spielt und Jung und Alt beieinandersitzen. Sie zeigt sich im einfachen „Grüß Gott“, das Türen öffnet. Sie lebt in den Bräuchen des Jahreskreises, in den Familien, in den Vereinen, in unseren Kirchen und Kapellen. All das prägt uns und gibt uns Halt.
Heimat – Geschenk und Aufgabe
Heimat ist Geschenk. Niemand kann sie für sich allein schaffen, sie wächst aus dem Miteinander. Sie ist das, was uns vorgegeben ist: Sprache, Landschaft, Tradition. Aber sie ist zugleich das, was wir daraus machen.
Die Bibel erzählt immer wieder von Menschen, die unterwegs sind. Abraham, Mose, das Volk Israel. Sie alle waren auf der Suche nach einer Heimat. Und selbst Jesus sagt: „Der Menschensohn hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann.“ Heimat ist also nicht einfach Besitz, sondern immer Zusage: Gott geht mit. Er macht uns vertraut mit dem Fremden und schenkt innere Heimat, selbst wenn der äußere Ort sich verändert.
Heimat schenken
Wir alle tragen Verantwortung, Heimat weiterzugeben. Es sind oft kleine Gesten, die Heimat spürbar machen: ein freundlicher Blick, ein ehrliches Willkommen, ein Platz am Tisch. Heimat entsteht, wo man sich gesehen und angenommen fühlt.
Wir in Bayern haben das große Glück, eine starke Kultur zu besitzen, die von Gastfreundschaft und Offenheit lebt. Unsere Feste, unsere Sprache, unsere Musik, unsere Art zu feiern, das macht unser Leben bunt und warm. Heimat ist kein abgeschlossenes Museum, sondern ein lebendiges Haus. Wer neu dazukommt, darf Platz nehmen. Wer schon lange da ist, darf stolz sein, dass er mitbauen durfte.
Heimat bewahren
Heimat ist nichts Starres. Sie muss gepflegt werden wie ein Garten. Ein Garten blüht nur, wenn man ihn hegt. Lässt man ihn liegen, verwildert er. So ist es auch mit unserer Heimat. Sie lebt davon, dass wir Verantwortung übernehmen. In unseren Familien, in den Vereinen, in der Kirche, in der Nachbarschaft.
Das heißt aber nicht, dass alles so bleiben muss, wie es immer war. Heimat lebt von Wurzeln, aber auch von Wachstum. Junge Menschen, die neue Ideen haben, gehören genauso dazu wie die Alten mit ihrer Erfahrung. Menschen, die zu uns kommen und bleiben, bringen ihre Musik, ihre Sprache, ihre Bräuche mit. Wenn wir sie aufnehmen, wird unsere Heimat reicher, vielfältiger, bunter.
Heimat mit Zukunft
Wenn wir an die Zukunft Bayerns denken, dann können wir voller Vertrauen und Zuversicht sein. Unsere Heimat ist stark. Sie hat ein festes Fundament aus Werten, die tragen: Gerechtigkeit, Verlässlichkeit, Freiheit, Solidarität, Glauben. Diese Werte sind keine alten Zöpfe, sondern das Lebenselixier unserer Gesellschaft.
Stellen wir uns ein Bayern vor, das Hightech und Tradition miteinander verbindet. Ein Land, das wirtschaftlich stark bleibt und zugleich menschlich und geistlich leuchtet. Ein Bayern, das offen ist für Neues, ohne das Eigene zu verlieren. Ein Bayern, das seinen Menschen Kraft gibt und nach außen Hoffnung ausstrahlt.
Dieses Bayern ist keine ferne Utopie. Wir sehen es heute schon im Kleinen: wenn Generationen gemeinsam Feste feiern, wenn Menschen sich gegenseitig helfen, wenn Kinder in Sicherheit aufwachsen und Erwachsene mit Freude Verantwortung übernehmen.
Heimat – ein Stück Himmel
Heimat ist ein Schatz, der uns anvertraut ist. Sie ist Geschenk, aber auch Auftrag. Wir sind gerufen, sie zu pflegen, zu teilen und weiterzugeben.
Und wenn wir all das tun – wenn wir Heimat bewusst leben – dann geschieht etwas Großes: Unsere Heimat ist nicht nur ein Stück Erde, sie wird ein Stück Himmel.
Pfr. Ludwig Westermeier
Pfarrverbandsleiter PV Kirchanschöring
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