wehrhafte demokratie

„Unsere Demokratie“, ein Begriff, der heute öfter beschworen als verstanden wird. Wer ihn am lautesten ruft, meint selten Meinungsvielfalt, sondern meint: meine Meinung ist die einzig richtige. Ein Blick auf das Funktionieren der sogenannten „wehrhaften Demokratie“ und wie aus Pluralismus ein autorisierter Meinungskorridor wird. Bissig, ironisch, realistisch.

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Angeblich haben wir sie, brauchen wir sie und beschützen wir sie: „unsere Demokratie“. Ein Begriff, so oft von Politkern und NGOs bemüht, dass man fast glauben könnte, sie sei in Gefahr, oder längst im Umbau. Wer „unsere Demokratie“ sagt, meint selten die aller Bürger. Gemeint ist meist: die der Regierenden, der Institutionen, der Richtigen.

Natürlich existieren noch alle klassischen Zutaten: Exekutive, Legislative, Judikative. Die demokratische Palette ist mehr als vollständig ausgestattet. Presse gibt’s auch noch. Und NGOs, die das Ganze gut meinen. Nicht gewählt, aber bestens versorgt damit sie, brav auf Linie, demokratische Flankensicherung leisten. Die einen nennen es Engagement, die anderen würden es Vorfeldorganisationen nennen.

Dabei glauben manche Nostalgiker immer noch, Demokratie habe etwas mit Meinungsstreit, -austausch oder gar -freiheit zu tun. Wie naiv. Denn das Problem mit echter Meinungsvielfalt ist: Sie ist unkontrollierbar. Und das wiederum macht sie, aus Sicht der „wehrhaften Demokraten“, brandgefährlich.

Wie also begegnet man dem Chaos der Gedanken? Mit Ordnung. Mit Disziplin. Mit einer durchregulierten Vorstellung davon, was noch „Meinung“ ist und wer sie äußern darf. Für den Rest gibt es klare Hinweise: Sag’s besser nicht. Oder wenn doch, dann sei bereit für Besuch von Gericht, Behörde oder NGO. Meinung ja, aber die Konsequenzen sind auch zu tragen.

Die Hütehunde der Republik kennen ihre Aufgabe. Sie wittern früh, beißen effektiv, kosten ordentlich und liefern zuverlässig. Besonders dann, wenn es darum geht, missliebige Konkurrenten aus dem Feld zu räumen, bevor sie Wählerkontakt bekommen.

Ein Parteiverbot? Wäre möglich. Aber umständlich. Schneller geht’s per Behördenbescheid und moralischer Empörung. Man markiere den Gegner öffentlich, am als „gesichert rechtsextrem“ (belegfrei, aber medienwirksam). Und schon wird aus einem Kandidaten ein Fall. Nicht wählbar. Nicht tragbar. Natürlich nur zum Schutz der Demokratie.

Damit alles seine Ordnung hat, sorgen neue EU-Verordnungen wie der Digital Services Act oder das Medienfreiheitsgesetz für einen sauber eingerichteten Meinungskorridor. Abweichungen? Werden reguliert. Oder geframet. Oder aussortiert. „Krieg ist Frieden. Freiheit ist Sklaverei. Unwissenheit ist Stärke.“ Orwell hätte seine helle Freude an der heutigen Sprachakrobatik.

Und so zieht die Karawane der Selbstgerechten weiter. Im Gleichschritt, im Geleichtakt und ungestört von abweichenden Gedanken. Wer dennoch mitreden will, aber nicht mitspricht, wird zum Sicherheitsrisiko erklärt. Zum Störer im System. Zum Demokratieschädling.

Das alles, versteht sich, geschieht natürlich aus einem einzigen, guten Grund: Zum Schutz „unserer Demokratie“.

Deutschland kann ruhig in seiner Demokratievorstellung weitermarschieren, wir Bayern wollen „unsere Demokratie“ – eine freie, basisdemokratische.

Verfasser: B. Steiner

Bild: Pixabay

Von Bavarian